KDK Modul 1

Bestandserfassung

Im Modul 1 erarbeitete unser Architekturbüro Conn und Giersch die teilweise vergessenen Schätze von Stammbach heraus und bildete auch einen geschichtlichen Überblick zu den einzelnen Gebäuden und historischen Orten.

Modul 1 – Denkmalwerte

Die Bestandsanalyse erfolgt in den Schritten Erfassung vor Ort, Analyse mit Literaturauswertung unter Einbeziehung grundlegender archivalischer Quellen, Dokumentation der einzelnen Werte und zusammenfassende textliche, bildliche und kartografische Darstellung. Bei der Ortsbegehung durch qualifizierte Fachkräfte soll auch die Einbeziehung örtlicher Experten, interessierter Bürger und der Gemeindeverwaltung stattfinden. Parallel zur Erfassung vor Ort ist die Fach- und Regionalliteratur auszuwerten, als archivalische Quelle wird im Regelfall das Grundsteuerkataster mit dem zugehörigen Uraufnahme- oder Extraditionsplan herangezogen. Alle Ergebnisse sind in Text, Karte und Bild zusammenhängend zu dokumentieren. Leitlinie der Erfassung ist der städtebaulichdenkmalpflegerische Ansatz, wonach der historische Ort ein Kontinuum aus Bauten, Räumen und weiteren Strukturen ist. Die Bedeutung und die daraus resultierende Identität des historischen Ortes macht nicht nur die Aneinanderreihung von Einzeldenkmalen mit ihrer jeweiligen wertvollen historischen Substanz aus, sondern auch ihr gebauter und landschaftlicher Kontext. Darüber hinaus sind es Mehrheiten von Denkmalen, aber auch von Nichtdenkmalen, deren Bezüge untereinander ebenso eine wesentliche Aussage des Geschichtszeugnisses Dorf oder Stadt erzeugen. Diese Bezüge manifestieren sich zumeist in Strukturen, angefangen von der semimateriellen Parzellenstruktur über Raumstrukturen von Straßen und Plätzen, Grün- und Freiräumen oder den Übergang von der Siedlung zur freien Landschaft im Ortsrand. Dazu treten lineare Elemente wie etwa historische Wegeverbindungen oder Blickbeziehungen als immaterielle Bezüge. Gerade für eine Umsetzung dieser ganzheitlichen Auffassung des historischen Ortes ist die Ebene der Kommune die geeignete, da sie rechtlich und sachlich alle Voraussetzungen zur Erhaltung dieser Werte bündelt. Ob sie dies aber umsetzen will, liegt in der durch die kommunale Planungshoheit eingeräumten Freiheit. Das KDK möchte sie dazu ermutigen und dabei unterstützen. Für die Bewertung von Bauten und Strukturen besteht in Bayern ein Rahmen, der grundsätzlich eingehalten werden sollte. Dennoch können Umfang, Eindringtiefe und Detailschärfe den örtlichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen angepasst werden. Dies wäre zu begründen und im Leistungsbild zu erläutern. Im Folgenden wird der Regelfall skizziert.

Bauliche Elemente des historischen Ortes

Die Einstufung von Bauten erfolgt in vier Kategorien:

  • Denkmale
  • Erhaltenswerter, ortsbildprägender Bau
  • Strukturprägender Bau
  • Bauten ohne Wertung

Diese Kategorien bedürfen der Erläuterung und der Einbindung in ein weiteres Umfeld städtebaulicher Planungssystematik. Dabei handelt es sich immer um die Einstufung unter städtebaulich-denkmalpflegerischem Blickwinkel, wonach der Denkmalwert (historischer Wert) des Gebäudes (Eigenwert) wie auch der Wert des Gebäudes für seine Umgebung und den städtebaulichen Zusammenhang (struktureller Wert) zu berücksichtigen sind. Das Einzelobjekt steht immer in einem größeren räumlichen Zusammenhang und ist im Hinblick auf diesen zu bewerten. Über den reinen Wert seiner strukturellen Einbindung hinaus, kann es aber noch weitere Werte für den größeren Zusammenhang besitzen, zum Beispiel einen Symbolwert (Dominanten, Merkzeichen etc.), der nicht zu kartieren, aber im Einzelfall textlich zu benennen und zu erläutern wäre.

Kategorie „Denkmal“:

Pragmatischerweise werden Denkmale nachrichtlich aus dem Bayerischen Denkmal-Atlas übernommen. Es gilt die Definition nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG), grundsätzlich wird die Auffassung vom Denkmal als Geschichtszeugnis vertreten. Denkmale haben immer einen hohen Eigenwert im Sinne des Geschichtszeugnisses, sie haben zumeist, aber nicht immer, einen strukturellen Wert und häufig auch einen symbolischen Wert.

Kategorie „erhaltenswerter, ortsbildprägender Bau“:

Alleine mit den oftmals wenigen Einzeldenkmalen lässt sich die historische Identität eines Ortes weder beschreiben noch im Zuge der weiteren Ortsentwicklung aufrechterhalten. Dafür sind auch weitere Bauten nötig, die historische Substanz besitzen, aber nicht den Rang eines Einzeldenkmals erreichen. Dies sehen auch etliche andere Instrumente städtebaulicher Denkmalpflege so, insbesondere der Denkmalpflegeplan in NRW, wo nach § 25 (1) 2 DSchG erhaltenswerte Bausubstanz nachrichtlich aufzunehmen ist. Ein ähnlicher Begriff findet sich mit der „besonders erhaltenswerten Bausubstanz“ beispielsweise in der EnEV 2013, § 24, der inhaltlich nahezu identisch mit dem hier vertretenen aufgefasst werden kann.21 Andere Programme, wie etwa das Bayerische Dorfentwicklungsprogramm mit seinen Richtlinien (DorfR 2015) sprechen in Nr. 2.11 von „[…] kulturhistorisch […] besonders wertvollen Bauten“. Erhaltenswerte, ortsbildprägende Bauten haben immer einen gewissen Eigenwert im Sinne des Geschichtszeugnisses, es sind also Bauten mit historischer Substanz, die nicht Denkmalqualität erreichen. Sie haben meist einen strukturellen Wert, müssen diesen aber nicht aufweisen.

  • Die Kubatur sollte grundsätzlich weitgehend unverändert erhalten sein wie auch – wenigstens in Teilen – die bauliche Detailausstattung
  • Sie sind ein wichtiges Element des Ortsbildes und können – müssen aber nicht – ein wichtiges Element der Ortsstruktur sein
  • Wie beim Denkmal gibt es keine absolute Zeitgrenze für ihre Einstufung • Regionaltypische Bauweise und regionaltypische Baumaterialien sprechen für eine Einstufung als erhaltenswerten, ortsbildprägenden Bau
  • Bauten aus den jüngeren, nicht mehr landschaftsgebundenen Zeitschichten des 19. und 20. Jahrhunderts sind zu berücksichtigen, wenn sie einen entsprechenden historischen Aussagewert besitzen

Ortsbildprägende, erhaltenswerte Bauten unterliegen nicht explizit den Schutzkategorien des Denkmalschutzgesetzes. Dies ist auch gar nicht nötig und gewollt, denn für die Kommune und ihre Bürger stellen sie lediglich einen fachlich fundierten Hinweis im Rahmen des KDK dar, welche Objekte neben den Denkmalen einen wesentlichen Beitrag für die „historische DNA“ ihres Ortes zu leisten vermögen. Ihre Erhaltung und Weiterentwicklung muss der Gemeinde anheimgestellt werden, die dazu auch nicht einmal zu Satzungen (Erhaltungs-, Gestaltungssatzung) greifen muss, sondern sich die Förderbedingungen weiterer städtebaulich orientierter Planungen zu Nutze machen kann.

Kategorie „strukturprägender Bau“:

Orts- (Dorf-, Stadt-) strukturprägende Bauten sind solche, die nur als Beitrag für das größere Ganze von Bedeutung sind. Das heißt, sie haben einen strukturellen Wert als Bestandteil einer historischen Stadt- oder Dorfstruktur, aber nur einen geringen oder in Einzelfällen auch gar keinen Wert als Geschichtszeugnis (Eigenwert). Nur in Ausnahmefällen können Neubauten strukturprägende Bauten sein. Zu ihrer Einstufung ist daher immer ihr historisch-ortsstrukturelles Umfeld ins Auge zu fassen. Dies wird definiert durch einen jeweils zeitbedingten Grund- und Aufriss. Bestimmend sind wirtschaftliche, sozialtopographische, politische und baurechtliche Einflussfaktoren sowie städtebauliche Leitbilder. Alle diese Faktoren sind wiederum zeitbedingt und stehen damit für bestimmte historische Strukturen und Prozesse. Grenzen der strukturellen Zuordnung sind dann erreicht, wenn das jeweilige Quartier von städtebaulichen Brüchen dominiert ist, sodass keine historische Zeitschicht mehr als strukturbestimmend wahrgenommen werden kann. Der strukturelle Wert hängt somit ab vom übergeordneten Wert des Quartiers oder Straßenraums. Weist dieser keinen historisch-stadtstrukturellen Wert auf, so kann auch der Einzelbau keinen besitzen. Merkmale des strukturellen Werts:

  • Einfügung in die spezifische Parzellenstruktur des Quartiers
  • Einfügung in die spezifische Kubatur des Quartiers
  • Vergleichbare Trauf- und Firsthöhe
  • Vergleichbare Fassadengestaltung

Die Bewertung ist jedoch so flexibel angelegt, dass auch positive Einstufungen möglich sind, wenn es das Kennzeichen eines historischen Quartiers ist, eben keine einheitliche Struktur aufzuweisen, etwa im Falle eines historischen Gewerbequartiers (Mühlenviertel) oder in einer Stadtmauergasse oder ähnlich vorstellbaren Situationen. Mit der Einstufung als „strukturprägender Bau“ ist keine Aufwertung des Gebäudes im Sinne seiner Erhaltenswürdigkeit verbunden, es wird lediglich darauf hingewiesen, dass es den größeren Zusammenhang stützt. Da diese Bauten keinen Eigenwert besitzen, müssen sie lediglich kartiert, aber nicht im Dokumentationsteil der Bestandserfassung textlich und bildlich dargestellt werden.

Kategorie „Bauten ohne Wertung“:

Bauten, die weder einen Eigenwert noch einen strukturellen Wert besitzen, bleiben unbewertet und werden nicht kartiert.

Historische Ortsstrukturen

Neben den Bauten bestimmen die überlieferten Siedlungsstrukturen die Wertigkeit des jeweiligen Ortes als Geschichtszeugnis. Zu unterscheiden sind dabei Raumstrukturen, die durch Elemente der Bebauung gebildet werden, wie etwa Straßen- und Platzräume und solche, die sich gerade durch die Abwesenheit von Bebauung auszeichnen wie historisch bestimmte Grün- und Freiräume oder solche, die sich durch ein bestimmte Kombination von Bebauung und Freiraum definieren wie etwa der historische Ortsrand als Übergang von der Siedlung in die freie Landschaft. Ebenfalls zu den beachtenswerten historischen Raumstrukturen zählen vom Menschen gestaltete oder veränderte historische Wasserflächen in flächenhafter oder linearer Ausprägung wie auch lineare Wegeverbindungen in Form historischer Fußwege. Als weitere strukturelle Bezüge mit abnehmendem Substanzgehalt sind etwa das historisch begründete Verhältnis des Ortes zur Topographie, Blickbeziehungen einzelner Objekte untereinander sowie auf das Ganze und schließlich der Grundriss mit der semi-materiellen Parzellenstruktur als entscheidender Träger historischer Überlieferung zu beachten. Kartiert und damit örtlich fixiert werden können folgende Kategorien: 

„Historisch bedeutsame Platz- und Straßenräume“ werden dann also solche plausibel, wenn die Mehrheit ihrer Raumwände durch historische Bausubstanz, also eingetragenen Denkmalen und erhaltenswerten Bauten, ausgeprägt wird. Zusätzlich ist es von Bedeutung, wenn die Gliederung des Stadtbodens im Straßenraum und dessen „Möblierung“ noch weitgehend dem historischen Vorbild entspricht. Diese Kategorie entspricht in ihrer Wertigkeit dem „erhaltenswerten Bau“. Raumstrukturen wie Plätze und Straßen können nur im Rahmen eines Ensembles als Denkmal betrachtet werden.

Grün- und Freiräume können etwa in Form einer historischen Parkanlage durchaus als Baudenkmal geführt sein.23 Sie können aber auch – wie beispielsweise historische Stadtgräben – als Bestandteil eines Ensembles Teil eines übergeordneten Denkmals sein. Darüber hinaus gibt es eine Fülle von Grün- und Freiräumen, die nicht den Rang eines Denkmals erreichen, dennoch aber wichtige Zeugnisse historischer Siedlungsstrukturen sein können. Sie sind dann als „historisch bedeutsame Grün- und Freiräume“ zu kartieren und zu dokumentieren.

Ähnlich, wenn auch seltener vorkommend, ist mit historischen Wasserflächen und -läufen umzugehen. Sie können in einigen wenigen Fällen selbst Denkmal oder Teil eines Denkmals oder Ensembles sein. In weitaus häufigeren Fällen sind sie wichtiger Teil der historischen Ortsstruktur und als solche zu kartieren und zu dokumentieren. Die wichtigen Blickpunkte auf das historische Ortsbild insgesamt oder auf einzelne städtebauliche Dominanten können ebenso kartografisch festgelegt und in ihrer historischen Bedeutung erläutert werden wie Blickbezüge im Stadtraum selbst.

Die Eindringtiefe dessen, was im Rahmen der Bestandserfassung zu kartieren und zu beschreiben ist, wird im denkmalfachlichen Anforderungsprofil von vorneherein nach Absprache der Kommune mit der Denkmalfachbehörde festgelegt. Ein fachlicher Mindeststandard ist jedoch einzuhalten, denn sonst besteht die Gefahr, dass die Denkmalwerte nicht umfänglich beschrieben und dokumentiert und auch nicht fundiert aus der Ortsgeschichte hergeleitet werden.

Artikel aus Das Kommunale Denkmalkonzept Den historischen Ortskern gemeinsam gestalten und entwickeln